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Muslimische Wohlfahrtspflege

Begriff der Wohlfahrtspflege und ihre Bedeutung

Wohlfahrtspflege bezeichnet alle Maßnahmen im Rahmen der Sorge für Notleidende und gefährdete Menschen. Sie umfasst die Hilfe für Kinder und Jugendliche, für Mütter, Ehe und Familie, für Alte, für Behinderte, Kranke und Sozialbehinderte. Hilfen werden durch Beratung, Aus-, Fort- und Weiterbildung, ambulante und stationäre Pflege in Krankenhäusern, Heimen etc. sowie durch sozialpädagogische, sozialpsychatrische und pflegerische Dienste in Kindergärten und Jugendwohnheimen erbracht.

Die organisierte Wohlfahrtspflege in Deutschland ist durch drei wesentliche Strukturmerkmale geprägt: Es sind sowohl öffentliche als auch freie Träger vorhanden. Bei der freien Wohlfahrtspflege besteht ein bedingter Handlungsvorrang. Darüber hinaus gibt es sehr vielschichtig und unterschiedlich tätige Organisationen im Bereich der Wohlfahrtspflege.

Verfassungsrechtliche Grundlagen der Wohlfahrtspflege

Die Bundesrepublik Deutschland ist nach ihrer Verfassung ein demokratischer und sozialer Bundesstaat (Art. 20 I GG).
Die freie Wohlfahrtspflege beruht auf dem Sozialstaatsprinzip.

Das Sozialstaatsprinzip ermächtigt und verpflichtet den Gesetzgeber, für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze und damit für soziale Gerechtigkeit zu sorgen und die soziale Sicherung der Bürger herzustellen und aufrechtzuerhalten.

Wohlfahrt in Moscheegemeinden

Von Armut und Ausgrenzung sind Migranten und Migrantinnen, und somit auch Muslime betroffen.

Daher erfüllen die Moscheegemeinden neben religiösen und kulturellen Aufgaben auch zahlreiche soziale Aufgaben gegenüber Muslimen.

Die Moscheen sind die zentralen Basisstationen gelebter islamischer Alltäglichkeit in Deutschland. Moscheen sind nicht nur Gebetsräume, sondern auch Orte der sozialen, kulturellen und politischen Kommunikation und des gegenseitigen solidarischen Beistehens. Sie geben tagtäglich Rückhalt, nicht nur in Krisensituationen. Hier findet sozialer Bezug nicht nur mit Blick auf Problembewältigung, sondern vielmehr als ständiges Bedürfnis nach Kontakten, Interaktion, Rückmeldung, Zuwendung und Akzeptanz statt. In Moscheegemeinden finden viele Menschen auch in schwierigen beruflichen Situationen oder Arbeitslosigkeit Hilfestellung.

Beratung, soziokulturelle Bildung, individuelle psychische Stabilisierung, Armenfürsorge und Obdachlosenhilfe finden ebenfalls statt.

Hervorzuheben sind insbesondere die Tätigkeiten im Bereich der Jugendarbeit. Die Jugendgruppen stellen in den Moscheegemeinden eine wichtige Gemeinschaft für die Jugendlichen dar. An dieser Stelle sollen zwei Kernprogramme näher erläutert werden.

Abi/ Abla-Kardes

Innerhalb der Moscheegemeinden wurde ein spezielles Menotrenprogramm von Jugendliche für Jugendliche entwickelt. Dabei betreuen ältere Jugendliche jüngere Jugendliche. Daraus erschließt sich dann auch der Name des Programms: Abi-Kardeş (großer Bruder- kleiner Bruder)/ Abla- Kardeş (große Schwester- kleine Schwester).

Inhaltlich befasst sich eine Mentorengruppe bei ihren Treffen mit religiösen Themen, die der Mentor vorträgt und in der Gruppe zur Diskussion stellt. Ziel ist es, dass die Jugendlichen ihre Religion nicht nur kennen, sondern auch verstehen und selbst erklären können. Die religiöse Identität soll hierdurch gefestigt werden. Ferner soll man in die Lage versetzt werden, einen konstruktiven Dialog betreiben, um so zur Lösung von gesellschaftlichen Problemen beitragen zu können.

Neben den religiösen Inhalten werden aber auch alltägliche Probleme beispielsweise aus der Schule, oder auch Fragen der Lebensplanung der Jugendlichen wie die Berufswahl in vertraulicher Atmosphäre besprochen.

Die Mentorengruppe setzen auch Projekte um, bei denen sie sich gesellschaftlich engagieren. Beispielsweise Altenheime besucht oder es werden älteren Nachbarn ihre Hilfe beim Einkauf o.ä. angeboten. Das soziale Engagement soll gefördert und ein soziales Bewusstsein für die Gesellschaft entwickelt werden.

Es finden sich auch im Bereich der Freizeit weitere Aktivitäten, so z.B. gemeinsame Kinobesuche, Wanderungen, Bowling oder Fußball. Darüber hinaus werden auch größere Reisen in Länder wie zum Beispiel Spanien, Frankreich, Bosnien oder Türkei unternommen, an denen dann mehrere Mentorengruppen gemeinsam teilnehmen. Aber auch innerhalb von Deutschland besuchen sich die Mentorengruppen gegenseitig und lernen so die verschiedenen Städte Deutschlands kennen. Diese Aktivitäten sollen zum einen der Bildung dienen und zum anderen das Gemeinschaftsgefühl in der Gruppe durch die gemeinsame Reise stärken.

Wochenend-Camp

Die sog. „Wochenend-Camps“ sind auch ein anderer wichtiger Bestandteil der Jugendarbeit in einer Moscheegemeinde. Diese sind Wochenendaufenthalte von Jugendlichen aus den Gemeinden unter Betreuung von Erwachsenen. Es gilt das Prinzip, Spaß- und Lernfaktoren ausgewogen zu berücksichtigen. In erster Linie soll das Camping in einer von Geschwisterlichkeit geprägten Atmosphäre stattfinden und die Möglichkeit des gegenseitigen Kennenlernens und Austauschs bieten. Das Camping-Programm ist mittlerweile ein unverzichtbarer Teil der Jugendarbeit der Moscheegemeinden geworden.

In Moscheegemeinden werden auch jährlich Familienseminare angeboten, um die Familien zu bilden und die Wichtigkeit einer starken Familienbindung aufzeigen.

Weiter kümmert man sich um Ältere in ihrem Alltag. Man versucht den älteren Menschen bei ihren Alltagsabläufen behilflich zu sein. Ein Beispiel hierfür sind Jugendgruppen, die den älteren Menschen in Ihrer Umgebung beim Einkauf oder bei sonstigen administrativen Aufgaben behilflich sind. Darüber hinaus werden für Ältere auch Freizeitangebote in der Teestube der jeweiligen Moscheegemeinden angeboten.

Moscheen gehören damit zu der hier gelebten Alltagskultur des Beistands und der Begleitung in Krisensituation. Dies sind nur einige soziale Aspekte der Muslime in Deutschland.